Teil 1 von 3 der Artikelreihe: Wie funktioniert Omnichannel Pharma Marketing?
In den vergangenen Jahren hat sich Omnichannel Pharma Marketing (OCM) als eine der wichtigsten Entwicklungen im Pharmamarkt etabliert. In dieser Artikelreihe erfahren Sie daher alles, was Sie zum Thema OCM wissen sollten:
1. Was ist Omnichannel Pharma Marketing?
2. Warum ist Omnichannel Pharma Marketing für Pharmaunternehmen gerade jetzt so relevant?
3. Wie funktioniert Omnichannel Pharma Marketing?
Teil 1: Customer Journey im Omnichannel Pharma Marketing
Teil 2: Kanäle im Omnichannel Pharma Marketing
Teil 3: Datenmanagement im Omnichannel Pharma Marketing
4. Die Vorteile von Omnichannel Pharma Marketing
5. Welche Auswirkungen hat Omnichannel Pharma Marketing auf den Erfolg von Pharmaunternehmen?
Im Leitartikel „Was ist Omnichannel Pharma Marketing?“ sind wir bereits auf die Customer Journey als Grundprinzip des Omnichannel Pharma Marketings (im weiteren als OCM abgekürzt) eingegangen. Dabei steht das Ziel im Mittelpunkt, die Marketing- und Vertriebskanäle des Unternehmens so zu verbinden, dass:
1. die Maßnahmen und Inhalte des Unternehmens möglichst gezielt auf die Bedürfnisse der Zielgruppe eingehen,
2. sich aus den verschiedenen Kanälen und Aktivitäten eine einheitliche Markenbotschaft ergibt,
3. Ärzte jeweils in ihrer aktuellen Entscheidungsphase abgeholt werden.
In diesem Artikel gehen wir daher weiter ins Detail, um zu verstehen, wie das konkret funktioniert. Hierzu nehmen wir drei Instanzen der Customer Journey im OCM unter die Lupe:
1. Instanz der Customer Journey: Segmentierung
Der Kern des Omnichannel–Ansatzes ist das Prinzip der Customer Centricity – sprich die Ausrichtung der Marketing- und Vertriebsaktivitäten auf die Bedürfnisse der Zielgruppe. Diese Bedürfnisse können sich aber von Arzt zu Arzt innerhalb der Zielgruppe deutlich unterscheiden. Entsprechend verschieden gestalten sich auch ihre Customer Journeys, sodass ein „One Size Fits All”-Approach nicht ausreicht. Für die Entwicklung der passenden Customer Journey wird die Zielgruppe auf Basis grundlegender Eigenschaften segmentiert (mehr dazu in Teil 3: Datenmanagement im Omnichannel Pharma Marketing). Mithilfe der gesammelten Daten werden dabei Ärztekohorten mit ähnlichen Bedürfnissen gebildet, für die jeweils eine passende Customer Journey entwickelt wird. So schaffen Pharmaunternehmen eine Balance zwischen der Anpassung auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Ärzte auf der einen Seite und effizienter Ressourcennutzung auf der anderen. Gerade in den frühen Kontaktphasen hilft es, bestimmte Inhalte und Sequenzen für mehrere Ärzte gleichzeitig zu verwenden, weil eine voll-personalisierte Herangehensweise zu diesem Zeitpunkt meist zu ineffizient und kostspielig wäre.
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2. Instanz der Customer Journey: Entscheidungsphasen
Die zweite Instanz für die Customer Journey stellt die Entscheidungsphase des Arztes auf dem Weg zur Verschreibung bzw. zum Therapiewechsel dar. Die jeweiligen Phasen haben dabei großen Einfluss darauf, welche Bedürfnisse, Themen und Kanäle für einen Arzt gerade am relevantesten sind. Entsprechend wichtig ist es, die richtige Phase für jeden Arzt zu identifizieren und den passenden Abschnitt in der Customer Journey auszuwählen. Grob lässt sich die Customer Journey in folgende vier Phasen unterteilen:
- Awareness: In der ersten Phase geht es vor allem darum, ins Bewusstsein der Zielgruppe vorzudringen, um z. B. mehr Markenbekanntheit für ein neues Produkt oder Aufmerksamkeit für eine Erkrankung und ihre Behandlungsmöglichkeiten zu schaffen. Hierbei ist wichtig, zu verstehen, wie viele Kontaktpunkte es tatsächlich braucht, um ins Bewusstsein der Zielgruppe einzudringen. Experten gehen branchenunabhängig von ca. 15–20 Kontaktpunkten aus ¹, ehe eine Marke von Kunden aktiv wahrgenommen wird – eine Zahl, die im Zuge der Digitalisierung in den letzten zehn Jahren noch einmal erheblich gestiegen ist. Gleichzeitig geht es aber nicht bloß um die Masse an Berührungspunkten, sondern vor allem um ihre Qualität. Deshalb stehen im OCM zwei Aspekte im Fokus: erstens, die verschiedenen Berührungspunkte so zu koordinieren, dass sie zusammen eine einheitliche Markenbotschaft ergeben, und zweitens, die Maßnahmen auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zuzuschneiden, damit sie besonders relevant sind. Um die medizinische Zielgruppe im Awareness Marketing zu erreichen, ist es wichtig, dass Pharmaunternehmen in der Kommunikation den Fokus auf ihre eigenen Produkte reduzieren und mit besonders hochwertigen Inhalten gezielt auf die Themen und Probleme der Zielgruppe eingehen.
- Consideration: In dieser Phase befasst sich der Arzt mit verschiedenen Ansätzen und Behandlungsmethoden für eine bestimmte Indikation. Das Ziel ist es daher, die eigenen Produkte als passende Optionen für diese Indikation und die damit zusammenhängenden Themen zu platzieren. Für Pharmaunternehmen geht es darum, die eigene Marke als vertrauenswürdigen Problemlöser zu etablieren, der Ärzte bei den Herausforderungen der Erkrankung und ihrer Behandlung unterstützt. Hierfür ist es wichtig, der eigenen Lösung ein klares Profil zu verleihen, das sie möglichst deutlich von der Konkurrenz abhebt. Für dieses Profil spielt neben klaren Wettbewerbsvorteilen (z. B. eine einfachere Anwendung oder ein nachweislich höherer Therapieerfolg) vor allem die Wahrnehmung des Unternehmens in der Zielgruppe eine entscheidende Rolle. Diese Wahrnehmung wird schon vor der Consideration–Phase maßgeblich im Awareness Marketing geprägt. Deshalb liegt der Fokus in dieser Phase darauf, das generelle Markenimage mit konkreten Produkten zu verbinden. Gerade in Marktsegmenten, wo sich die Wirkweisen von Produkten wenig oder gar nicht unterscheiden, kann gutes Storytelling äußerst wertvoll sein, um sich z. B. als Innovator, Problemlöser oder besonders vertrauensvoller Partner zu positionieren. Im Optimalfall schafft es die Marke, sich als „Top of Mind“, also als die erste Assoziation im Kopf der Zielgruppe zu einem Problem, zu etablieren (z. B. Kopfschmerzen —> Aspirin).
- Decision: Da medizinische Entscheidungen oft sehr weitreichende Folgen haben, spielt Vertrauen eine besonders große Rolle, wenn es im Pharmavertrieb darum geht, Ärzte endgültig zu überzeugen. Deshalb ist es für Pharmaunternehmen wichtig, in dieser Phase genau zu verstehen, womit dieses Vertrauen gestärkt werden kann: Benötigt der Mediziner beispielsweise eher spezifische Informationen wie z. B. Studiendaten oder ist für ihn eine gute zwischenmenschliche Beziehung mit dem Außendienst ausschlaggebend? Gleichzeitig bildet häufig auch das Netzwerk des Arztes einen entscheidenden Faktor. Denn die meisten Mediziner legen sehr viel Wert auf die Einschätzungen und Erfahrungen von Kollegen und medizinischen Key Opinion Leadern (KOLs). Pharmaunternehmen sollten ihre Maßnahmen daher nicht nur auf direkte Kontaktpunkte mit dem Arzt beschränken, sondern auch sein Umfeld in ihre Strategie miteinbeziehen. Spätestens in dieser Phase gewinnt die Personalisierung von Maßnahmen immer mehr an Bedeutung. Während die Kommunikation vorher oft auf Kohortenebene stattfindet, werden die Maßnahmen in der Decision–Phase zunehmend auf den einzelnen Arzt angepasst.
- Retention: Statt auf kurzfristige Umsatzsteigerungen zu setzen, liegt der Fokus von Pharmavertrieb und -marketing vor allem darauf, den Lifetime Value von Ärzten zu steigern. Für Pharmafirmen bedeutet das, nachhaltige Kundenbeziehungen aufzubauen, um langfristig vom Verschreibungspotenzial der Ärzte zu profitieren. Die erste Verschreibung ist daher nicht als Endpunkt der Customer Journey zu sehen, sondern als Eintritt in eine neue Phase in der Kundenbeziehung. Ein Arzt, der sich entschlossen hat, ein Produkt zu testen oder zu verschreiben, bietet besonders großes Potenzial, um den Absatz nachhaltig auszubauen und weitere Produkte zu platzieren. Entsprechend wichtig ist es, diese Beziehung aktiv zu pflegen und zu fördern. Die Grundlage dazu bietet im OCM das Kundenprofil des Arztes, welches mit den Informationen aus jedem Kontaktpunkt immer weiter angereichert wird. So entsteht mit der Zeit ein detaillierter Informationsschatz, der es Pharmafirmen erlaubt, ihre Kunden in der Tiefe zu verstehen, feinfühlig auf ihre Bedürfnisse einzugehen und eine Vertrauensbasis zu schaffen, die den jeweiligen Arzt langfristig an das Unternehmen bindet.
Generell gilt für den Entscheidungsprozess, dass digitale Kanäle gerade in den frühen Phasen eine erfolgsentscheidende Rolle spielen. Da ein Großteil der Entscheidungen beim Arzt schon vor dem ersten Vertriebskontakt gefällt wird, ist es wichtig, dass Pharmaunternehmen früh in ein effektives digitales Marketing investieren. In späten Phasen wiederum gewinnt dann der direkte Kontakt mit dem Außendienst an Wichtigkeit. Gleichzeitig sollte sich passend zur jeweiligen Entscheidungsphase auch der Schwerpunkt in der Kommunikation verschieben: Je früher wir in der Entscheidungsfindung sind, desto weniger produktlastig sollte die Kommunikation sein. Je weiter wir uns in Richtung Consideration– oder Decision–Phase bewegen, desto wichtiger wird es, den Fokus stärker auf die konkreten Produkte des Unternehmens zu lenken. So bauen Pharmafirmen zunächst eine Brücke zu den aktuellen Herausforderungen und Bedürfnissen von Ärzten auf, bevor sie darauf eingehen, welche Lösungen die eigenen Produkte dafür bieten.
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3. Instanz der Customer Journey: Sequenzen
Im OCM Marketing scheint die Customer Journey zwei gegensätzliche Anforderungen vereinen zu müssen: Auf der einen Seite sollen alle Maßnahmen über Kanäle und Phasen hinweg zu einem Gesamtfluss verknüpft werden. Auf der anderen Seite ist es wichtig, dass die Kontaktpunkte kontinuierlich an das Feedback des Kunden angepasst werden. Aus diesem Grund setzt sich die Customer Journey im OCM aus Sequenzen zusammen, die jeweils kleine Etappen innerhalb der Customer Journey abbilden.
Diese Sequenzen bauen sich meist um ein besonderes Thema oder Event herum auf – z. B. bei einem Webinar, das über LinkedIn beworben wird, auf der Website die Anmeldungen sammelt, die Teilnehmer mit einem Newsletter sowie einem anschließenden E-Mail–Follow-up auf dem Laufenden hält und schlussendlich den Außendienst aussendet, um den Arzt im Gespräch an das Event zu erinnern. Die konkreten Aktionen innerhalb der Sequenz werden dabei auf Basis von Daten und Erfahrungen gezielt zusammengestellt. So können Pharmaunternehmen erprobte Bausteine für die Customer Journey entwickeln, die mit jeder Kohorte weiter auf die Zielgruppe angepasst werden.
Gleichzeitig kann die Customer Journey jedes Arztes flexibel auf seine Reaktionen zugeschnitten werden, indem jeweils die passende Sequenz zu seiner aktuellen Phase und den damit verbundenen Bedürfnissen ausgewählt wird. Im OCM können Unternehmen stark von den gesammelten Profildaten zu jedem Arzt profitieren, wenn es darum geht, die richtige Sequenz auszuwählen. In Verbindung mit der passenden Dateninfrastruktur kann diese Auswahl sogar automatisiert werden. So vereinfachen Pharmafirmen ihre internen Entscheidungsprozesse und schaffen Raum für datengetriebene Optimierung.
Lead Generation als Sequenz
Ein Element, das innerhalb vieler Sequenzen eine wichtige Rolle spielt, ist die Lead Generation. Denn für viele Marketing- und Vertriebsmaßnahmen ist es zunächst notwendig, aktive Kontakte aufzubauen (z. B. Opt–ins für Newsletter oder Anmeldungen für Veranstaltungen und Seminare). Ziel der Lead Generation ist es daher, passive Leads über drei Schritte dazu zu bewegen, in einen aktiven Austausch mit dem Unternehmen zu treten:
- Kontaktaufbau: Im ersten Schritt werden die Leads mit einem für sie relevanten Thema abgeholt, zum Beispiel über eine Werbe- oder Content–Marketing–Kampagne.
- Conversion: Im zweiten Schritt werden diese Leads an einer zentralen Stelle (z. B. Landingpage) gesammelt, mit dem Ziel, ihr Interesse in einen direkten Kontakt zu übersetzen (z. B. Anmeldung, Opt–in, Terminbuchung, Content Download).
- Interaktion: Im letzten Schritt wird dieser Kontakt dann genutzt, um mit dem Arzt über die gewählte Maßnahme (Event, Gespräch, Whitepaper, …) in Austausch zu treten.
- Kontaktaufbau: Im ersten Schritt werden die Leads mit einem für sie relevanten Thema abgeholt, zum Beispiel über eine Werbe- oder Content–Marketing–Kampagne.
Das Zusammenspiel der drei Instanzen – Segmentierung, Entscheidungsphasen, Sequenzen – zeigt, wie Customer Journeys im OCM Agilität und Effizienz miteinander vereinen können. So können Pharmaunternehmen zum einen aktiv auf die Bedürfnisse und Entscheidungsphasen verschiedener Ärzte eingehen und zum anderen trotzdem effizient arbeiten, indem Ärzte in Segmenten gebündelt oder über automatisierte Sequenzen individuell angesprochen werden.
Expertin
Nicole Ehrhardt – Partner & Business Director
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Quellen:
1. attentionexperts.com, 2017