Quantencomputer: Anwendungen für Unternehmen

March 24, 2021

Inhalt

Warum die Vorbereitung darauf heute schon beginnen sollte

Gerade in den letzten Jahren hat die Technologie hinter Quantencomputern große Sprünge nach vorne gemacht – und sie werden die Datenverarbeitung revolutionieren. Googles Sycamore zum Beispiel löste in 200 Sekunden eine Aufgabe, für die die heute besten Supercomputer der Welt über 10.000 Jahre gebraucht hätten.1

Die Ergebnisse der Quantenforschung haben die Labore also längst verlassen. In China, den USA und Europa ist ein Wettlauf um eine der wesentlichen Zukunftstechnologien entstanden. Eines ist dabei sicher: Der Wettlauf wird dafür sorgen, dass die Innovationszyklen sich enorm verkürzen. Derzeit wird von einer möglichen Anwendbarkeit auf breiterer Ebene in 10 bis 15 Jahren ausgegangen, in Unternehmen vielleicht auch schon eher. Es bleibt also nicht mehr ganz so viel Zeit, um Unternehmen auf diese Umwälzungen vorzubereiten.

Daher haben Marktführer in verschiedensten Branchen längst begonnen, Anwendungen für die Technologie zu intensivieren. Ob Volkswagen, Bosch, Airbus oder die Allianz – viele Unternehmen arbeiten schon längst an ersten Pionierprojekten.

Warum intensivieren Unternehmen schon heute die Erfahrungssuche und warum sollten sich Entscheider – auch im Mittelstand – bereits heute damit beschäftigen?

Als Entscheidungsträger sollten Sie einschätzen, wie und wann es Sinn macht, in die Technologie zu investieren. Zur Orientierung haben wir eine Übersicht zusammengestellt, wo und wie Unternehmen schon bald von Quantencomputern profitieren können.

1. Wie können Quantencomputer Ihr Unternehmen verändern?

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Technologie breit eingesetzt wird, um herkömmliche Computer zu übertreffen. Einen Wettbewerbsvorteil erhalten dann vor allem die Unternehmen, die es rechtzeitig schaffen, das Potenzial von Quantencomputern in handfeste Anwendungen zu übersetzen. Besonders für Simulationen, in der Prozessoptimierung und bei der Datenverarbeitung von Künstlicher Intelligenz werden Quantencomputer viele neue Anwendungsfelder ermöglichen.

Quantencomputer Anwendungen

Zwei sehr zeitnah anstehende Veränderungen fasst eine Überschrift im Handelsblatt Online vom 18.03.2021 gut zusammen: „Tschüss Routinearbeit. Das sind die Top-Jobs im Jahr 2030.“ Unternehmensführer sollten ihre Organisation also grundsätzlich bereits heute auf zwei Themen vorbereiten: Routineaufgaben können weitestgehend automatisiert werden, d. h., neue Strukturen, Qualifikationen, Aufgaben und Wertschöpfungsmodelle werden notwendig sein. In diesem Zusammenhang benötigen Unternehmen eine hohe Anzahl an hoch qualifizierten Mitarbeitern und Führungskräften. Bis 2030 fehlen allein in Deutschland voraussichtlich über eine Million IT-Kräfte.2

Es macht also Sinn, bereits heute mindestens zwei Übergangsphasen bis 2030 für Strategien, Reorganisationen und Aus-/Weiterbildungsinitiativen einzuplanen und anzugehen

Anwendungsbeispiele für Branchenbereiche, die Unternehmen verändern werden

Energieversorgung:

Stromnetze sind äußerst anfällig für Spitzen und Ausfälle in der Energieversorgung. Gerade der durch die Energiewende begünstigte Einsatz regenerativer Energiequellen wie Wind- und Solarstrom sorgt für stärkere Fluktuationen. Aber auch natürliche Ereignisse wie Unwetter können immer wieder erhebliche Störungen verursachen. Um diese Risiken zu kompensieren, müssen Unternehmen in kostenintensive Versorgungseinheiten und redundante Netze investieren. Quantencomputer bieten hier ein enormes Potenzial, die komplexen Optimierungsalgorithmen erheblich zu verbessern und so durch eine bessere Kalibrierung des Stromnetzes Kosten zu sparen.

Pharma- und Materialentwicklung:

Die Entwicklung neuer Medikamente und Materialien ist meist ein extrem teurer und aufwendiger Prozess. Hier können Quantencomputer helfen, indem sie zum Beispiel die Simulation von Molekülen verbessern, da sie deutlich besser darin sind, die Wechselwirkungen von Elementarteilchen nachzubilden. Firmen wie Biogen, Roche, Dow Chemicals, Bosch und Honeywell haben daher schon erste Pionierprojekte gestartet .3,4 Weiteres Stichwort: Produktion personalisierter Medizin.

Industrie:

Quanten-Anwendungen können helfen, Fertigungsprozesse wesentlich besser zu koordinieren und zu optimieren. Dies ermöglicht zum Beispiel die serielle Fertigung von individuellen Angeboten und Online-Bestellungen und vermeidet redundante Prozesse. Des Weiteren könnten sie den Fluss von Komponenten effektiver steuern und Personalmanagement- und Wartungssysteme enorm verbessern.

Healthcare:

Hier spielt vor allem das Potenzial von Quantencomputern bei der Erkennung von Mustern eine zentrale Rolle. Über Quanten-Imaging können neue Sensoren mit einer bisher unvorstellbaren Präzision benutzt werden. Dies könnte eingesetzt werden, um Krankheiten verlässlicher zu identifizieren und Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen, bereits bevor sich die ersten Symptome zeigen. So erwartet zum Beispiel Volkmar Denner, Chef von Bosch, dass Quantentechnologie die Diagnosen von Parkinson, Alzheimer und Epilepsie „auf eine neue Stufe heben könnte – genauer, einfacher und nicht zuletzt kostengünstiger denn je“.

Automobil und Luftfahrt:

Das Management großer Fahr- und Flugzeugflotten erfordert häufig komplexe Optimierungsmodelle, die sich selbst mit herkömmlichen Supercomputern nur näherungsweise abbilden lassen. Gleichzeitig erfordert die Weiterentwicklung computergesteuerter Kontrollsysteme, wie beispielsweise des Autopilots, eine leistungsfähigere Datenverarbeitung. Deshalb arbeiten schon heute Marktführer aus der Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt eng mit Technologieunternehmen zusammen, um das Potenzial von Quantencomputern zu erkunden – von Volkswagen, Ford und Daimler über Airbus und Lockheed Martin bis hin zur NASA.5,6

Finanzwesen und Versicherungen:

Von der Optimierung von Investmentportfolios über Marktprognosen und Risikoanalysen bis hin zu Betrugserkennung bieten sich im Finanzsektor zahlreiche Probleme, für die sich Quantencomputer zu wahren Game Changern entpuppen können. Daher ist es kein Wunder, dass führende Institute wie Barclays, JP Morgan Chase und die Allianz Kooperationen mit Tech-Riesen wie IBM eingegangen sind.7,8

Transport und Logistik:

Programme zur Optimierung von Transportrouten und Lieferketten sind häufig zu komplex, um von herkömmlichen Computern gelöst zu werden. Entsprechend sind die Lösungen oft suboptimal und selbst inkrementale Verbesserungen durch Quantencomputer könnten Unternehmen bereits Milliarden Euro sparen. Das Potenzial ist enorm, weshalb erste Vorreiter wie der Branchenriese Alibaba begonnen haben, an der Entwicklung von Quantencomputern mitzuwirken.9

2. Wie können sich Unternehmen schon heute vorbereiten?

Sobald effektive Anwendungen erst einmal gefunden sind, kann alles plötzlich ganz schnell gehen. Dank ihrer enormen Leistungsvorteile ist es durchaus möglich, dass Quantencomputer Industrien in beispiellos kurzer Zeit völlig auf den Kopf stellen. Wer es bis dahin verpasst hat, die nötige Infrastruktur aufzubauen, wird dann abgehängt. 

Für Entscheidungsträger ist es enorm wichtig, zu verstehen, was sie schon heute tun können, um sich entsprechend vorzubereiten. Dafür ist zunächst wesentlich, dass Quantencomputer nicht als isolierte Technologie begriffen werden, die einfach nach Belieben mehr Rechenpower zur Verfügung stellt. Denn der Schlüssel zum Erfolg liegt vielmehr darin, im Unternehmen eine Infrastruktur zu schaffen, die verschiedene digitale Technologien wie KI, Big Data und natürlich auch Quantencomputer klug miteinander verbindet. Gleichzeitig müssen Unternehmensstrategie und -prozesse darauf ausgerichtet werden, die zentrale Rolle zu unterstützen, die gezielte Datenverarbeitung für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens einnehmen wird. Denn auch, wenn die genauen Auswirkungen von Quantencomputern noch nicht ganz abzuschätzen sind, steht außer Frage, dass smarte digitale Technologien die Zukunft wahrscheinlich aller Branchen bestimmen werden.

Quantentechnologie Anwendungen

Es gibt vier Handlungsfelder, die Unternehmen schon heute angehen können, um sich für den technologischen Wandel zu rüsten:

1. Dateninfrastruktur:

Geschäftsprozesse und -herausforderungen sollten in Unternehmen zukünftig so übersetzt werden, dass sie sich in Form mathematischer Modelle und quantifizierbarer Daten ausdrücken lassen. Das bedeutet, dass sämtliche Geschäftsbereiche beginnen müssen, ihre Abläufe möglichst quantifizierbar zu machen, damit Daten in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden können. Nur so können KI-Systeme effektiv bei der Steuerung und Verbesserung der Wertschöpfung eingesetzt werden.

Empfehlung: Versuchen Sie, möglichst alle Daten zentral und einheitlich zur Verfügung zu stellen. Überprüfen Sie, welche Daten erhoben werden und welche Daten darüber hinaus noch sinnvoll wären. Wagen Sie sich schon heute über Pilotprojekte an Business-Intelligence- und Künstliche-Intelligenz-Analysen heran und nutzen Sie moderne Technologien und Kompetenzen. Sprechen Sie uns für Pilotprojekte und intelligente Analysen gerne an.

2. Hiring und Ausbildung:

Hochqualifizierte Beschäftigte werden für Unternehmen entscheidend sein – und dies wird zukünftig nicht mehr in der Form zu kaschieren sein, wie es durch die Vermischung manuell-computerisierter Aufgaben heute noch möglich ist. Kombinierte Fähigkeiten aus Wirtschaft, Informatik, Mathematik und Physik ergeben beispielsweise die Kompetenzen eines Quantenspezialisten.

Empfehlung: Investieren Sie stark in zukünftig gesuchte Spezialisten, unterstützen Sie entsprechende Ausbildungen, setzen Sie das Thema ganz oben auf die Agenda und passen Sie bereits heute erste Aufgaben an zukünftige Herausforderungen an.

3. Unternehmenskultur:

Die Ausrichtung und Führung Ihrer Organisation sind wesentlicher Bestandteil einer erfolgreichen Transformation in Richtung effektive Digitalisierung. Das heißt: Der technischen Innovation sollte eine soziale Innovation im Unternehmen vorausgehen. Denn eine digitale Transformation hängt unmittelbar von der Bereitschaft und Fähigkeit des Personals ab, die nötigen Veränderungen aktiv umzusetzen. Gerade bei innovativen Digitalisierungsprojekten handelt es sich weniger um eine bloße Renovierung als um eine grundlegende Systemänderung. Eine gezielte Reorganisation und Führung bilden daher das Rückgrat für eine erfolgreiche technische Innovation. Konkret bedeutet das, dass herkömmliche Erfolgskriterien, Fähigkeiten, Prozesse und Gesetzmäßigkeiten durch neue ersetzt werden. Die stark zunehmende Technologisierung und damit verbundene Qualifizierung der Beschäftigten erfordert also veränderte Arbeits- und Führungsansätze. Neues und ergänzendes Wissen muss entwickelt und Haltung und Verhalten müssen angepasst werden, um eine konsequente Umsetzung zu ermöglichen – den Anfang macht dabei das Management.

Empfehlung: Planen Sie für die Digitalisierung ausreichend Zeit für den Change-Prozess und die Reorganisation ein, denn erfahrungsgemäß braucht es mindestens drei Jahre, um den Wandel zur weitgehend „digitalisierten und modernen Organisation“ zu meistern. Gehen Sie in der Planung daher nicht vom Hype und den Idealvorstellungen einzelner Verbesserungsmaßnahmen aus, sondern orientieren Sie sich an der nüchternen Realität bestehender Strukturen, an Kultur, Kompetenzen und Verhalten. Aus Erfahrung wissen wir auch, dass es hier meist keine Wundermittel oder Abkürzungen gibt, um die Umsetzung grundsätzlich zu beschleunigen. Denn eine Systemänderung bedeutet auch immer eine damit einhergehende Änderung der Einstellung und des Verhaltens – und die benötigt ihre Zeit. Wichtiger ist vielmehr, dass die einzelnen Maßnahmen, Methodiken und Tools gut verknüpft werden, um ihre Wirkung zu optimieren. Sprechen Sie uns auf die Themen soziale Innovationen für Digitalisierung, Reorganisation und Führung gerne an.

4. Koalitionen:

Marktführer in vielen Industrien machen es schon vor und kooperieren mit z. B. Tech-Unternehmen und innovativen Start-ups. Der Vorteil solcher Initiativen ist, dass Unternehmen die Möglichkeit haben, direkt an der Entwicklung neuer Anwendungen mitzuwirken, und so den Prozess in ihre Richtung lenken können. Gleichzeitig bieten solche Initiativen die Möglichkeit, die Fühler auszustrecken, um besser einzuschätzen, wie weit die Technologie schon ist, während nebenbei schon wertvolle Kompetenzen und Experten ausgebildet werden.

Empfehlung: Häufig bietet es sich an, solche Kooperationen als gesonderte Joint Ventures zu starten. So bleiben sie während der Test- und Entwicklungsphase deutlich agiler und stoßen weniger mit den internen Prozessen und Bürokratien des Unternehmens aneinander. Sobald sich das Potenzial abschätzen lässt, können Sie dann beginnen, erfolgreiche Projekte und Anwendungen in Ihr Unternehmen zu integrieren.

EXPERTE

DR. MATHIAS EHRHARDT – GESCHÄFTSFÜHRER

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